3% ist nicht 3 Prozent

Die EU-Kommission weist den Budget-Entwurf 2o19 der italienischen Regierung zurück.

Seit der Einführung des Euros wagt die Kommission erstmals einen solchen Schritt.

«Il était clair que nous nous trouvions face à une situation inédite», erklärte der französische Wirtschaftskommissäre Pierre Moscovici nach dem Entscheid.

Italien will im kommenden Jahr mehr Schulden machen, die Neuverschuldung bleibt mit 2.4% des Brutto-Inland-Produktes (BIP) aber immer noch deutlich unter einem der Maastricht-Kriterien, nämlich 3%.

Frankreich reichte ein Budget ein, das entgegen früherer Ankündigungen, für 2019 auch eine höhere Verschuldung ausweist, nämlich 2.8% des BIP.

Warum wird Frankreich nicht abgemahnt?

Stabilitätspakt nur scheinbar unflexibel

«3% sind 3%», soll einmal ein deutscher Finanzminister gesagt haben.

Tatsächlich schreibt der Stabilitäts- und Wachstumspakt klare Kriterien vor, wie Eurozonen-Mitglieder ihre nationalen Haushalte im ot behalten müssten:

  • Die Neuverdschuldung darf nicht über 3% sein (wobei im Idealfall 2% von der Inflation ‘gefressen würden’)
  • Die Gesamtschulden eines Landes dürfen 60% des jährlichen, nationalen BIP nicht übersteigen.

Diese simplen Maastricht-Kriterien sind schon länger Makulatur.

Die Unterzeichnung des Vertrags liegt nun ja auch schon 25 Jahre zurück.

Wie komplex die Sache gworden ist, zeigen die mehr als 200 Seiten des Handbuches, welches den Mitgliedsstaaten erläutert, wie die Kommmission die nationalen Budgets jährlich neu bewertet.

Die 2.8% Neuverschuldung Frankreich zum Beispielt ‘schluckt’ die EU-Kommission, weil die höheren Schulden einmalig sind. Frankreich senkt die Unternehmenssteuern ab 2019. Es fehlen Einnahmen.

2019 muss der Staat aber zusätzlich noch jene Steuer-Abzüge an Unternehmmen zurückzahlen, die sie 2018 geltend machen können.

Das sind gegen 40 Milliarden Euro die wegbrechen, aber eben nur wegen eines einmalligen Effekts. Darum ist die höhere Neuverschuldung aus Sicht der Kommission weniger schlimm.

Umgekehrt verhält es sich im falle von Italien. Die höheren Ausgaben, welche die neue Regierung tätigen will, gehen auf höhere Staatsausgaben zurück. Vereinfacht gesagt will die Regierung mehr Geld verteilen können und macht darum mehr Schulden.

In den Augen der Kommission steigen die strukturellen Schulden um 0.8%, während die frühere Regierung der Kommission versprochen hatte, das strukturelle Defizit um 0.6% zu reduzieren. Die Abweichung beträgt also 1.4% des BIP.

Unflexibel, diese Brüsseler Bürokraten? Nicht wirklich, wenn die Kommission unterschreicht, dass Italien in den letzten Jahren 30 Milliarden Euro zusätzliche Schulden gewährt wurden, um Investitionen (nach Erdbeben, für Mehrausgaben im Asylwesen etc.) zu tätigen.

Tatsächlich hat sich die EU-Kommission in den letzten Jahren (der Krise) relativ flexibel gezeigt.

Das zu erklären, ist in einer 140-Zeichen-Botschaft unmöglich.

Darum haben die italienischen Parteiführer der Lega und von 5 Stelle ein einfaches Spiel.

Sie können in 140 Zeichen behaupten, dass die EU-Kommission Italien abstraft.

Würden die aktuelle italienische Regierung das leider bloss in englischer Sprache verfasste Vademecum zur EU-Budget-Überprüfung lesen (mein Computer zählt 540’340 Zeichen auf 282 Seiten), müssten sie gründlich über die Bücher.