Ursula von der Leyen braucht für die Wahl als EU-Kommissionspräsidentin jede Stimme. Sie muss eine Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlamentes überzeugen, dass sie von den Staats- und Regierungschefs zurecht als Präsidentin der EU-Kommission nominiert wurde. Keine einfache Sache. Denn alle wissen, dass sie nur zweite Wahl war.
Die deutsche CDU-Politikerin Ursula von der Leyen wird heute Vormittag die Rede ihres Lebens halten müssen – die Rede ihres politischen Überlebens.
Sie suchte bis spät in den gestrigen Abend den grösstmöglichen Konsens im Europäischen Parlament zu finden, um eine Mehrheit zu überzeugen.
Nicht irgendeine Mehrheit, sondern die richtige Mehrheit. Denn darum geht es bei der heute angesetzten Wahl auch: Von der Leyen muss eine klare Mehrheit bei den pro-europäischen Parteien gewinnen, in ihrer christ-demokratischen Volkspartei, aber auch bei den Sozialdemokraten und den Liberalen.
Nur so kann sie verhindern, dass sie für die Wahl auf Stimmen angewiesen wäre, die sie gar nicht haben will, also jene Stimmen aus dem euro-skeptischen Lager aus Ungarn, Tschechien, Polen oder Italien, welches vor zwei Wochen erfolgreich verhinderte, dass andere Spitzenkandidaten ins Amt gehoben werden konnten von den europäischen Staats- und Regierungschefs der 28 Mitgliedsländer der EU.
Also versprach sie dem Parlament mehr Einbezug in die Verfahren zum Schutz der Rechts-Staatlichkeit. Versprach sie dem Europäischen Parlament mehr Gehör der EU-Kommission, wenn dieses aus eigenem Antrieb Gesetze erlassen will – ein Recht das es heute gar nicht hat.
Sie versprach sie den Sozialdemokraten einen Vorstoss zur Umsetzung eines fairen, europa-weiten Mindestlohns.
Sie versprach den Liberalen mehr Ambitionen beim Klimaschutz, eine Co2-Steuer und eine Klima-Bank, welche die angestrebte Energiewende mitfinanzieren soll.
Die Liste ihrer Versprechen wurde mit jedem Tag länger.
Jedes Versprechen soll eine Stimme mehr garantieren im Europäischen Parlament.
Jedes Versprechen soll aus der Verlegenheits-Kandidatin Ursula von der Leyen, die unbestrittene Spitzen-Kandidatin für Amt der Kommissions-Präsidentin machen.