Die Euro-Finanzminister finden spät zurück zum minimalen Gemeinsinn

Die europäischen Finanzminister haben sich nach zähen Verhandlungen auf ein Corona-Rettungspaket verständigt.

Die Niederlande verzichten auf harte Bedingungen für Hilfskredite an Eurostaaten.

Italien kann damit leben, dass die Forderung nach gemeinsamen europäischen Schuldpapieren zumindest in vagen Vorstellungen für einen Wiederaufbau-Fonds nicht ausgeschlossen wird.

Scheinbar offenbart die Corona-Pandemie fehlende Solidarität der Europäischen Union.

Ehrlicher wäre davon zu sprechen, dass 27 Mitglieder eines Clubs bei schönem Wetter sich mehr versprechen als sie bei schlechtem Wetter einzuhalten bereit sind.

Die Europäische Union trifft kaum Schuld.

Wichtige Europäische Institutionen haben den Beweis erbracht, dass sie rasch und mit Sachverstand handeln können.

Die EU-Kommission hat den Stabilitätspakt ausser Kraft gesetzt. Jedes Land kann nun grosse Schulden machen. Und: Es kann Pizzaioli und Airlines unter die Arme greifen und wird deshalb nicht vor den Europäischen Gerichtshof gezerrt.

Alle Mitgliedsstaaten müssen diesen Freiraum nun intelligent nutzen.

Die Europäische Zentralbank hält die Zinsen für alle Euroländer nachhaltig tief.

Die Finanzminister der Mitgliedsstaaten haben nachgelegt mit einem Paket von 500 Mrd. Euro und weitere Massnahmen beschlossen, die in den kommenden Monaten helfen, schneller einen Weg aus der Rezession zu finden.

Eurobonds oder die maskierte Version von zeitlich gegrenzten Corona-Euro-Staatsanleihen scheinen eine einfache Lösung. Die Realität ist eine andere. Möglicherweise stünden sie ohnehin zu spät bereit.

Besser, haben die Euro-Finanzminister diese gar nie ernsthaft diskutiert. Das ist kein Drama. Solidarität lässt sich anderswo finden.

Der Europäische Stabilitäts-Mechanismus ESM, Investitionsfonds und der Garantiefonds für Kurzarbeit werden die finanziellen Lasten umverteilen, von wirtschaftlich relativ Starken zu wirtschaftlich relativ Schwachen.

Es bleibt noch etwas Zeit, bei Bedarf nachzulegen.

Es wäre darum an der Zeit, sich der dringlichen Frage nach einem neuen EU-Haushalt zuzuwenden.

Es gilt die langfristigen, wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern und trotzdem die hohen politischen Ambitionen der neuen EU-Kommission zu bezahlen, namentlich in Bezug auf die Finanzierung der Klimapolitik und der Transformationen rund um die Digitalisierung der europäischen Gesellschaft.

Ein gut dotierter EU-Haushalt ab 2021 ist die gerechteste Umverteilungsmaschine der EU und demokratisch in jedem Fall legitimiert.

Ausgaben aus dem EU-Haushalt werden durch den Rat der 27-Mitgliedsländer und das Europäische Parlament bewilligt.

Anstatt sich um die Effektivität von Corona-Bonds zu streiten, würden die EU-Länder also besser einen Kompromiss für einen soliden EU-Haushalt suchen.

Nichts spricht dagegen, dass Italien nach der Corona-Krise sogar vom Nettozahler zum Netto-Empfänger von grosszügigen Subventionen aus dem EU-Budget wird.

Auch der scheinbar frugale Norden hätte daran ein Interesse.