Een, twee, drie – Un, deux, trois… – knuffelen

Der belgische Ausdruck knuffelen macht die Runde.

Die belgischer Regierung hat dem Land einen Lock-Down-Light verordnet.

Er gilt seit Mitte Oktober 2020, als alle Restaurants und Bars geschlossen wurden, eine Ausgangssperre von Mitternacht bis 5 Uhr früh verordnet wurden und eine allgemeine Maskenpflicht eingeführt wurde.

Seit Anfang November gelten noch mehr Einschränkungen: Soziale Kontakte ausserhalb der Familie sind auf eine Person pro Woche beschränkt.

Singles dürfen zwei Personen treffen, aber nicht gleichzeitig…

Erlaubt ist “knutschen” und ein Gespräch unter vier Augen und ohne Gesichtsmarke mit weniger als 1.5 Meter Distanz zwischen den Körpern.

Alle verstehen, was gemeint ist.

Europa nennt das nun die belgische “Knuffel-Regel”. Es soll das Wort des Jahres werden. Wahrscheinlich.

“Knuffelen” ist freilich ursprünglich ein politisches, pazifistisches Bekenntnis.

2010/2011 steckte Belgien wieder einmal in einer tiefen Regierungskrise.

Regierungskrise meint in Belgien immer, dass sich die beiden Sprachregionen Flandern und Wallonien nicht auf eine minimale, konstruktive politische Zusammenarbeit einigen können.

Sprachenstreit, eben.

Studierende der Uni Löwen reagierten auf diesen ewigen Sprachenstreit auf ihre Art.

Mit “Een, twee, drie – Un, deux, trois… -knuffelen”.

Flämische Studentinnen und Studenten stürmten nach dieser Lautsprecher-Durchsage auf dem Campus auf den Platz vor der Uni-Bibliothek.

Dort stürmten wallonische Studentinnen und Studenten auf ihre flämischen Kommiliton*innen zu, umarmten sie und küssten (wahrscheinlich) lange.

Die “Knuffelen-Aktion” war ein politisches Statement für kulturelle Vielfalt und friedliches Zusammenleben.

Christoph Driessen: Geschichte Belgiens. Die gespaltene Nation, Regensburg 2018.

Lektüre-Tipp