EU-Rechtsstaats-Mechanismus: Gericht bewilligt das Prinzip ‘Geld gegen Demokratie’

Einem EU-Mitgliedsland können künftig EU-Gelder gekürzt oder ganz gestrichen werden, wenn es gegen Grundwerte verstösst wie die Demokratie (Artikel 2 der EU-Verträge) , wenn es Minderheiten nicht schützt oder ein Justizsystem hat, das abhängig ist von der Politik.

Der Europäische Gerichtshof hat eine Klage von Ungarn und Polen gegen diesen sogenannten Rechtsstaats-Mechanismus abgelehnt.

Was meint Monika Hohlmeier zu diesem wegweisenden Urteil. Die CSU Politikerin ist die Präsidentin des Budget-Kontroll-Ausschusses des Europäischen Parlamentes.

Charles Liebherr, SRF, Bruxelles am 16.2.2022

Das öffentliche Interesse an diesem Urteil war so gross, dass der Europäischen Gerichtshofs die Verkündung live im Internet übertrug.

Das Urteil ist keine grosse Überraschung. Der Generalanwalt kam vor ein paar Wochen zum gleichen Schluss.

Das Auszahlen von Geldern aus dem EU-Budget an einen Mitgliedsstaat kann somit an die Bedingung geknüpft werden, dass dieser die in den EU-Verträgen festgeschriebenen Grundwerte der EU garantiert.

Die Verordnung über die Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit ist seit gut einem Jahr in Kraft.

Die EU-Kommission wollte das Gesetz aber nicht anwenden, bis nicht die obersten Richter der EU dieses für rechtens erklärten.

Polen und Ungarn zweifelten das nämlich an und erhoben daher Klage – ironischerweise vor jenem Richtergremium, dessen Urteile sie in anderem Zusammenhang in Abrede stellen.

Das Urteil hält fest, dass der Rechtsstaats-Mechanismus sehr wohl mit den EU-Verträgen vereinbar ist und nicht im Widerspruch zu den Kompetenzen steht, welch die Nationalstaaten der EU übertragen haben.

Das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten beruhe darauf, dass diese die gemeinsamen Werte achten, begründen die Richterinnen ihr Urteil. Diese Werte hätten die Mitgliedstaaten festgelegt und seien ihnen gemeinsam. Sie gäben der Europäischen Union ihr Gepräge. Insbesondere Rechtsstaatlichkeit und Solidarität gehörten dazu.

Der Rechts-Staats-Mechanismus wurde im Sommer 2020 von den Staats- und Regierungschefs im Grundsatz beschlossen, als diese das EU-Budget und den riesigen Corona-Wiederaufbau-Fonds beschlossen.

Polen und Ungarn stellten sich lange quer, gaben schliesslich aber nach, nachdem beide Ländern die Zusage erhielten, dass sie das neue Instrument den Richtern des EuGH zur Beurteilung vorlegen können.

Die EU-Kommission blockierte bisher alle Auszahlungen an Polen und Ungarn aus dem Wiederaufbau-Fonds.

Es wird nun erwartet, dass die EU-Kommission die Kredite und Subventionen zwar bewilligt, gleichzeitig aber auch ein Prüf-Verfahren zur Rechtsstaatlichkeit einleitet.