Während der Korruptions-Skandal weiterhin viele Mitglieder des EU-Parlamentes perplex auf ihren Stühlen kleben lässt, tröpfeln weitere Details zu den Hintergründen der Affaire an die Öffentlichkeit.
Hier eine knappe Übersicht.
Die Quellenlage
Es sind vor allen die belgischen Zeitungen Le Soir, Knack und das Wirtschaftsblatt l’Echo, die neben dem De Standaard, täglich neue Details zur Korruptions-Affaire publik machen. Das ist in sofern logisch, als dass es die belgischen Anti-Korruptions-Behörden sind, welche die Ermittlungen führen. Sie haben ein Interesse, ‘gezielt’ Druck in der Öffentlichkeit aufzubauen.
Das erste Geständnis
Die Partner der EU-Abgeordneten Eva Kaili, der italienische Politik-Berater, Francesco Giorgi, soll gemäss Medienberichten vom 15. Dezember 2022, gegenüber dem Untersuchungsrichter Michel Claise ein Geständnis abgelegt haben.
Giorgio arbeite eng mit dem ehemaligen EU-Parlamentarier Pier Antonio Panzeri zusammen, der offenbar eine zentrale Figur in diesem Bestechungsskandal ist.
Die zentrale Figur
Pier Antonio Panzeri sass für die Sozialdemokraten Italiens von 2004 bis 2019 im EU-Parlament. Von Oktober 2014 bis Februar 2017 war er der Präsident der Delegation für die Beziehungen zu den Maghreb-Ländern und der Union des Arabischen Maghreb.
Panzeri gründete 2019 die Nichtregierierungsorganisation (NGO) Fight Impunity (Panzeris Netzwerk ist in der NZZ.ch beschrieben). Offenbar diente die NGO als Vehikel für die Korruptionszahlungen. Bei der Hausdurchsuchung in der Wohnung von Panzeri in Bruxelles wurden rund 500’000 € Bargeld gefunden.
Dans ses aveux, Francesco Giorgi reconnaît que son rôle dans « l’organisation » était de gérer l’argent liquide.
Louis Colart , Joël Matriche in der Zeitung Le Soir vom 15.12.2022
In geheimen Diensten (von Katar und Marokko)
Gemäss diversen übereinstimmenden Medienberichten ermittelte zunächst der Belgische Geheimdienst gegen die Einflussnahme der Drittstaaten Marokko und Katar in Belgien. Monatelang wurde geheim observiert.
In diesem Rahmen fand offenbar auch ‘ein Besuch’ in Panzeris Wohnung in Bruxelles statt. Dort fanden die Geheimdienst-Agenten ausreichend Hinweise für reiche Geldflüsse, also Korruptionszahlungen. Diese Informationen gaben sie im Sommer 2022 den Untersuchungsrichtern bei der Anti-Korruptionsbehörden in Belgien weiter. So kamen die Dinge ins Laufen.
Die nächsten Schritte
Das Gericht hat die Untersuchung gegen die Herren Panzeri und Giorgi bis Mitte Januar 2023 verlängert.
Wegen eines Streiks des Aufsichtspersonals im Gefängnis, in dem Eva Kaili einsitzt, konnte diese nicht vor Gericht erscheinen. Am 22. Dezember soll nun die Anhörung erfolgen. Zu erwarten ist, dass die Untersuchungshaft verlängert wird.
Parallel laufen offenbar weitere Ermittlungen gegen weitere Personen. Verdächtigt werden mindestens zwei weitere EU-Parlamentarier: Der Italiener Andrea Cozzolino (Delegation für die Beziehungen zu den Maghreb-Ländern und der Union des Arabischen Maghreb des EU-Parlamentes) und der Belgier Marc Tarabella (Delegation für die Beziehungen zur Arabischen Halbinsel des EU-Parlamentes). Beide sind Mitglieder der Fraktion der Sozialdemokraten (S&D). Beide haben bisher immer behauptet, keine Geschenke oder Gelder von Drittstaaten (Katar oder Marokko) entgegen genommen zu haben.
Ermittelt wird auch gegen weitere Mitarbeiterinnen der genannten EU-Abgeordneten. Hier geht es darum, zu erfahren, ob sie von den dubiosen Aktivitäten ‘ihrer’ Abgesandten wussten.