Erste Resultate werden ab 18.00 bekannt, ganz grundsätzlich: Was ist von dieser Wahl zu erwarten?
Wir erhalten einen Gradmesser, wie stark das Interesse an europäischer Politik ist.
Das zunächst einmal mit einem Blick auf die Wahlbeteiligung: Wenn sich der Trend vor fünf Jahren bestätigt, noch einmal mehr Wählerinnen und Wähler an die Urnen gehen, dann zeigt das ein erhöhtes Interesse an der Politik der EU.
Gemäss Wahlbarometer erwarten die EU-Bürgerinnen von der EU mehr Stärke als Block gegenüber den Rivalen China, Russland und auch gegenüber den USA.
Gemäss Umfragen vor den Wahlen können sich rechte bis rechts-extreme Parteien Sitzgewinne erhoffen. Gleichzeitig dürfte die pro-europäische Allianz – Christ-Demokraten, Sozialdemokraten, Liberale – eine klare Mehrheit behalten.
Das heisst: Die Pole driften auseinander: Etwas, was wir seit einigen Jahren auch in vielen nationalen Wahlen in Europa beobachten können.
Von Verdun nach Maastricht. Wo steht Europa in der Gunst seiner Wählerinnen und Wähler?
Falls rechts-populistische Parteien zulegen. Was heisst das für die zukünftige Zusammenarbeit dieser Parteien?
Das ist sehr ungewiss, wie sich ein Rechts-Rutsch im EU-Parlament auswirken wird, denn die rechten, rechts-populistischen, in Teilen rechts-extremen Parteien verfolgen politisch wenig gemeinsame Interessen.
Das zeigt sich besonders in der Frage, welche Haltung, die die EU gegenüber Russland einnehmen soll. Diese wichtige Frage spaltet das rechte Lager und schwächte es politisch.
Unklar ist auch, ob und wie sich diese europa-skeptischen Parteien im Parlament organisieren. Eine grosse gemeinsame Fraktion scheint mir eher unwahrscheinlich
Der Einfluss dieser Parteien dürfte im EU-Parlament daher sehr beschränkt bleiben, was auch logisch ist: Denn diese Parteien plädieren ja alle für weniger Europa und mehr nationale Souveränität.
In dieser Frage sind sie sich zumindest einig.
Vor fünf Jahren dominierte die Klimapolitik die Debatte. Welche Themen sind es bei dieser Europawahl?
Bei europäischen Sorgenbarometer (Eurobarometer) bleibt dieses Thema weit oben platziert, was etwas erstaunlich ist. Das Thema hat aber nicht mehr dieses Mobilisierungs-Potential wie vor fünf Jahren. Da prägte die Klima-Jugend-Bewegung mit ihren Protesten die Europawahlen, aber auch nationale Wahlen im selben Jahr, auch in der Schweiz.
2024 werden die Themen Sicherheit, Verteidigung, Migration nicht überraschend häufig genannt als aktuell prägende politische Fragestellungen.
Ganz oben steht aber auch der Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Aber auch Gesundheit – alles Politikbereich, in der die EU eher wenig Entscheid-Kompetenzen hat.
In Umfragen sagen viele junge Menschen, dass sie konservativ wählen wollen. Warum?
Es ist nicht so eindeutig, ob junge Wählerinnen tatsächlich konservativer, politisch deutlicher rechte Parteien wählen. Gemäss Vorwahl-Umfragen zeigt sich, dass Junge, die rechte Parteien wählen, europa-kritische Parteien, dass diese eher an der Wahl teilnehmen.
Umgekehrt zeigen jene jungen Wählerinnen wieder weniger Interesse, an den Europawahlen teilzunehmen.
Es gilt daher vorsichtig zu sein mit Interpretationen im Vorfeld der Wahlen.
Richtig einschätzen können wir das Wahlverhalten der Jungen erst mit fundierten Analysen der Wahlergebnisse nach dem Wahltag.