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Die EU-Klima-Politik wird immer kurzsichtiger, mit hohen Kostenfolgen

Die Klimakonferenz COP30 in Brasilien steht vor der Tür. Darum mussten die EU-Umwelt-Minister an einer Sondersitzung nachsitzen. Deren Auftrag: Die Peinlichkeit vermeiden, dass der Staatenbund ohne selbstverpflichtende Ziele nach Brasilien reisen muss für das Senken der klimaschädlichen Treibhausgase.

Bisher gelang es den EU-Staaten nämlich nicht, sich darauf zu einigen, wie stark die CO₂-Emissionen bis 2040 in Europa gesenkt werden müssen. Das weitsichtige, selbstbewusste Voranschreiten der EU in der globalen Klimapolitik ist Geschichte. Es dominiert wieder das kurzfristige politische Durchwursteln.

Auf dem Papier gilt das Ziel noch. Bis Mitte Jahrhundert muss die Europäische Union ihre klimaschädlichen Emissionen auf null senken im Vergleich zum Referenzjahr 1990. So weit, so gut.
Damit das alles nicht einem Blindflug gleichkommt, mit möglicherweise bösen Überraschungen in 25 Jahren, schreibt das EU-Klima-Gesetz Zwischenziele vor. Bis 2030 zum Beispiel, muss die Hälfte des Weges erreicht sein.
Im globalen Vergleich ist das sowohl weitsichtig als auch vorbildlich. Und dringlich: Europa ist laut den aktuellen Berechnungen des Weltklimarates nämlich der Kontinent, der sich am stärksten und am schnellsten erwärmt.

Die EU gab sich den Green Deal mit dem Ziel, massiv gegenzusteuern. Bis jetzt, mit Erfolg. Die EU-Umweltagentur durfte anfangs Jahr feststellen, dass die EU-Staaten die selbstgesetzten Reduktionsziele für 2030 erreichen können. Ganz knapp. Voraussetzung wäre aber, dass alle Mitgliedsländer ihre Umsetzungspläne verschärfen.

Da liegt das Problem. Viele EU-Regierungen beschleunigen nicht beim Klimaschutz, sondern bremsen ab. Die Liste der Beispiele ist lang: Die Ausweitung des Emissions-Handels auf Gebäude und Verkehr wird verwässert.
Für das nächste verbindliche Reduktionsziel 2035 soll kein fixer Wert mehr gelten, sondern nur noch eine ungefähre Bandbreite. Wer die Emissionen um Zwei-Drittel bis Drei-Viertel senkt, erfüllt bereits die Vorgaben.

Und auch beim Ziel 2040 schwinden die Ambitionen. Als Vorgabe gedacht war einmal 90 Prozent weniger CO₂-Emissionen. Neu kann dieses Ziel mit zweifelhaften Berechnungen erreicht werden. Wer etwa verspricht, viel Bäume zu pflanzen, oder CO₂ tief in der Erde zu binden, erhält eine Gutschrift, was bisher nicht vorgesehen war. Mit anerkannten Klimazertifikaten CO₂-Emissionen ausserhalb der EU zu kompensieren, war bisher verboten. Neu soll das möglich sein. Und sogar das 90-Prozent-Ziel an sich kann infrage gestellt werden: Alle zwei Jahre soll nämlich eine Revision erfolgen. Gemeint ist natürlich eine Revision der Zielvorgaben nach unten.

Der EU-Klima-Kommissar fliegt also mit leichtem Handgepäck nach Brasilien.

Weniger Ambitionen rechtfertigt eine Reihe von Mitgliedstaaten mit neuen wirtschaftlichen Realitäten: Hohe Energiepreise, chinesisches Dumping, amerikanische Zölle seien schuld

Diese Begründung ist kurzsichtig und widerspricht der eigenen, bisherigen Losung: Mehr Klimaschutz ergibt wirtschaftlich Sinn, weil grüne Technologien ein Wachstumstreiber seien. Wissenschaftler stimmen dem zu.
Sie verweisen auch auf die hohen Kosten, welche tiefe Klimaschutz-Ambitionen verursachen. Im Schnitt der letzten fünf Jahren verursachten Umweltschäden wegen der menschengemachten Erderwärmung in der EU Kosten von 50 Milliarden Euro pro Jahr. Tendenz massiv steigend. Entsprechende Ausgaben belasten die nationalen Haushalte jedes Jahr mehr.

Kosten Klimawandel in Europa gemäss EU Umweltagentur.

Doch dieses Problem explodierender Kosten müssen dereinst die EU-Finanzministerinnen und Minister lösen, nicht die Umweltministerinnen.

Deren Aufgabe war ja einfach, einen Kompromiss zu finden – um jeden Preis.

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