Fast die Hälfte der Menschen afrikanischer Herkunft ist in ihrem Alltag mit Rassismus und Diskriminierung konfrontiert – ein Anstieg seit 2016. Auch rassistische Belästigung und diskriminierendes Profiling sind weit verbreitet, wobei junge Menschen besonders häufig betroffen sind.
European Union Agency for Fundamental Rights, Wien, Oktober 2023
Medienmitteilung und Zusammenfassung der FRA vom 25. Oktober 2023:
Der zweite FRA-Bericht zu Erfahrungen von Schwarzen in der EU „Being Black in the EU“ bietet eine umfassende Darlegung von Rassismus in 13 EU-Ländern.
Trotz der seit dem Jahr 2000 in der EU verbindlichen Antidiskriminierungs-vorschriften und der umfangreichen Maßnahmen, die in der Folge ergriffen wurden, sind Menschen afrikanischer Herkunft weiterhin Rassismus, Diskriminierung und Hasskriminalität ausgesetzt:
- Rassistische Diskriminierung – 45 % der Befragten gaben an, in den fünf Jahren vor der Erhebung Opfer von Rassismus geworden zu sein; in der vorherigen Erhebung war der Wert niedriger mit 39 %. In Deutschland und Österreich liegt dieser Anteil aktuell bei über 70 %. Am häufigsten wurden die Befragten bei der Arbeits- oder Wohnungssuche diskriminiert. Am stärksten betroffen sind junge Menschen und Personen mit Hochschulabschluss. Dennoch ist rassistische Diskriminierung nach wie vor kaum sichtbar, da nur 9 % der Betroffenen sie melden.
- Rassistisch motivierte Übergriffe – 30 % geben an, dass sie rassistisch motivierte Übergriffe erlebt haben, doch fast niemand erstattet Anzeige. Junge Frauen, Menschen mit Hochschulbildung und Menschen mit erkennbarer religiöser Kleidung sind häufiger rassistisch motivierten Belästigungen ausgesetzt.
- Diskriminierendes Profiling – 58 % geben an, dass ihre letzte Polizeikontrolle im Jahr vor der Erhebung das Ergebnis diskriminierenden Profilings war. Diejenigen, die ihre Kontrolle als diskriminierendes ethnisches Profiling empfinden, vertrauen der Polizei deutlich weniger.
- Arbeit – 34 % fühlten sich in den fünf Jahren vor der Erhebung bei der Suche nach einem Arbeitsplatz rassistisch diskriminiert und 31 % erging es am Arbeitsplatz selbst so. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung haben sie häufiger nur befristete Verträge und sind für ihre Tätigkeit überqualifiziert.
- Wohnen und Armut – Die steigende Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten haben dazu geführt, dass mehr Menschen afrikanischer Herkunft einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt sind als die allgemeine Bevölkerung. Etwa 33 % kommen finanziell nur mit Mühe über die Runden, und 14 % können es sich nicht leisten, ihre Wohnung warm zu halten, verglichen mit 18 % bzw. 7 % der Gesamtbevölkerung. Bereits die Wohnungssuche ist für viele ein Problem: 31 % geben an, bei der Wohnungssuche rassistisch diskriminiert worden zu sein.
- Bildung – Jugendliche afrikanischer Herkunft verlassen vorzeitig die Schule dreimal häufiger als Jugendliche allgemein. Im Vergleich zu 2016 gaben im Jahr 2022 mehr Eltern an, dass ihre Kinder in der Schule von Rassismus betroffen sind.
Um Rassismus und Diskriminierung wirksam zu bekämpfen, fordert die FRA die EU-Länder auf,
- die Antidiskriminierungsvorschriften angemessen durchzusetzen und wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen anzuwenden;
- Hassdelikte zu identifizieren und zu erfassen und vorurteilsgeleitete Beweggründe bei der Festlegung des Strafmaßes als erschwerenden Umstand zu berücksichtigen;
- Gleichstellungsdaten zu erheben, unter anderem in Bezug auf die „ethnische Herkunft“, um die Situation einzuschätzen und Fortschritte zu beobachten;
- die Gleichstellungsstellen mit den notwendigen Mandaten und Ressourcen auszustatten, damit sie gegen Diskriminierung vorgehen und Opfer unterstützen können;
- Maßnahmen zu ergreifen, um diskriminierende institutionelle Praktiken und eine diskriminierende Kultur in der Polizeiarbeit zu verhindern und zu beseitigen, und sich dabei auf das Handbuch der FRA zur Vermeidung von unrechtmäßigem Profiling zu stützen;
- spezifische politische Strategien zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Wohnen und Gesundheit zu entwickeln.
Dieser Bericht ist Teil der dritten EU-weiten Erhebung der FRA über die Erfahrungen von zugewanderten Menschen und deren Nachkommen in der gesamten EU.
Er wertet die Antworten von über 6 700 Menschen afrikanischer Herkunft aus, die in 13 EU-Ländern leben: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, Schweden und Spanien.
Zitat des FRA-Direktors Michael O’Flaherty:
„Es ist schockierend, dass seit unserer letzten Umfrage im Jahr 2016 keine Verbesserungen zu sehen sind. Im Gegenteil: Menschen afrikanischer Herkunft werden allein aufgrund ihrer Hautfarbe immer stärker diskriminiert. Rassismus und Diskriminierung dürfen in unseren Gesellschaften keinen Platz haben. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten diese Erkenntnisse nutzen, um ihre Anstrengungen gezielter auszurichten und sicherzustellen, dass auch Menschen afrikanischer Herkunft ihre Rechte wahrnehmen können, ohne Rassismus und Diskriminierung.“